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21 06 07

Weißsein und Immunisierung

Zur Unterscheidung zwischen Norm und Normalisierung

Isabell Lorey

Seit mehreren Jahren gibt es erfreulicherweise Kritische Weißseinsforschung auch im deutschsprachigen Raum, nicht an den Universitäten institutionalisiert, aber als vielfältigen Diskurs. Die Forschungsperspektive gilt der „Macht und Dauerhaftigkeit eines strukturellen Rassismus“, eine Perspektive, die den kritischen Blick umkehren will: weg von den permanenten rassistischen Konstruktionen des „Anderen“, hin zur Konstruktion des „weißen, rassifizierenden Subjekts“ selbst. Es soll eine „politisch selbstkritische[n] Rassismusreflexion der eigenen Position“ sein, wie die Herausgeberinnen des 2006 erschienenen Sammelbandes Weiß – Weißsein – Whiteness schreiben[1]. Ebenso müssen die gelebten Erfahrungen von Schwarzen unter weißer Vorherrschaft berücksichtigt werden und die frühen Kritiken schwarzer AutorInnen. Das unterstreichen die Herausgeberinnen des bereits 2005 erschienen Bandes Mythen, Masken und Subjekte und betonen, dass der „Selbstmarkierung der Markierer [stets] der marginalisierte Blick der Markierten“ vorausgeht.[2] Stellt sich der Diskurs um Kritische Weißseinsforschung heute auch in hohem Maße ausdifferenziert dar, so sind sich die unterschiedlichen Positionen dennoch darüber einig, dass Weißsein weitgehend unmarkiert bleibt: benannt und sichtbar wird immer das als anders Konstruierte.

Ist diese Unsichtbarkeit nun aber eine Norm oder Normalität? Was soll hier benannt, was dekonstruiert werden: Norm oder Normalisierung? Welche Rolle spielt die Fokussierung auf das Subjekt, das weiße Subjekt, das seine eigene Position erkennen und benennen soll? Das sich „demaskieren“[3] soll, sich selbst positionieren (bei jedem Schreiben zum Beispiel), das aber auch „Schuldgefühle“[4] und vor allem „weiße Privilegien“ thematisieren soll?

Was ich im Folgenden zeigen möchte, ist, welche Verbindungen zwischen Weißsein und Immunisierung auszumachen sind, um mithilfe zweier Figuren des Immunen auf politische wie analytische Engführungen und begriffliche Unklarheiten im Diskurs der Kritischen Weißseinsforschung hinzuweisen. Zu problematisieren sind bestimmte Fokussierungen auf das weiße Subjekt, seine Privilegien und die in keinem mir bekannten Text gemachte Unterscheidung zwischen Weißsein als Norm und Weißsein als Normalisierung.

Anhand zweier Figuren des Immunen soll offensichtlich werden, weshalb eine Unterscheidung zwischen Norm und Normalisierung notwendig erscheint. Die erste, die normative Figur ist die der „juridischen Immunität“ (also nicht der Immunisierung) und dreht sich um das Privileg als Ausnahme. Die für diese Figur charakteristische Bewegung ist die der Her-Ausnahme. Die zweite Figur, eng verknüpft mit dem Paradigma der Normalisierung, bezeichne ich als „biopolitische Immunisierung“. Sie dreht sich um die Impfung als Heilung. Die prägnante Bewegung ist hier die der Hereinnahme.

Diese Überlegungen im Kontext der Gender Studies an der Humboldt Universität zu Berlin anzustellen, verleitet dazu, den Fokus auf Privilegien zu legen, wurden doch am Juristischen Lehrstuhl von Susanne Baer zusammen mit Daniela Hrzán die ersten Privilegientests im deutschsprachigen Raum entwickelt.[5] Dazu waren immer wieder Kritik und Selbstkritik zu vernehmen. Eine der zentralsten Erkenntnisse aus den Privilegientests formuliert Daniela Hrzán im Bulletin des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien: Die Studierenden fokussierten „so auf Weißsein (…) (im Sinne einer Schwarz-Weiß-Binarität), dass sie andere Kategorien sozialer Ungleichheit nur noch begrenzt wahrnehmen konnten“[6]. Solche Diskussionen sollen mit den Figuren der juridischen Immunität und der biopolitischen Immunisierung weiter zugespitzt werden.

 
Weiße Privilegien

Angestoßen hat die Privilegiendiskussion Peggy McIntosh mit ihrem 1988 erschienen Working Paper: „White Privilege and Male Privilege“[7]. Die gekürzte Fassung von 1990 wurde dann zum einschlägigen Text, dessen Titel nicht selten als Metapher im Umgang mit weißen Privilegien verwendet wird: “White privilege: Unpacking the Invisible Knapsack”. Weiße Personen sollen erkennen, welche und wie viele Privilegien sie als Weiße haben: einen vollen, aber gewichtslosen Rücksack, den sie mit sich herumtragen, unbemerkt, unwissend und unsichtbar. McIntosh schreibt: „White privilege is like an invisible weightless knapsack of special provisions, maps, passports, codebooks, visas, clothes, tools, and blank checks.“[8]

Trotzdem McIntoshs Ansatz immer wieder kritisiert wurde, steht er noch immer für eine gewisse Tendenz in den US-amerikanischen und deutschsprachigen Kritischen Weißseinsforschungen. Das Bild des unsichtbaren Rucksacks verdeutlicht die Idee weißer subjektbezogener Privilegien sehr gut, wird er doch auf dem Rücken getragen und ist dem eigenen Blick und damit dem Wissen entzogen. Dass er für andere sichtbar ist, spielt in diesem Kontext keine Rolle, denn hier werden die einzelnen Subjekte mit ihren Wahrnehmungs- oder Nichtwahrnehmungspraktiken angesprochen. Mehr noch, es geht um ein komplettes moralisches Wertesystem, das sich als „weiß“ herausstellt: Aufgewachsen, so McIntosh, sei sie mit der Vorstellung, ein Individuum zu sein, dessen moralische Haltung von ihrem individuellen moralischen Willen abhänge.[9] Weiße lernten über ihr Leben als ein moralisch neutrales nachzudenken, als ein normatives und durchschnittliches. Wenn wir uns dafür engagierten, dass es anderen besser gehen soll, führe dies letztlich allein dazu, „ihnen“ zu erlauben, wie „wir“ zu sein. Dieses „wir“ versteht McIntosh als Maßstab, als Norm, der sich die „Anderen“ anzugleichen haben.[10]

McIntosh formuliert dies Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre vor dem Hintergrund des US-amerikanischen Liberalismus und kritisiert den Mythos einer Leistungsgesellschaft, nur die Leistung bestimme die soziale und ökonomische Position. Stattdessen sei die USA ein bloß eingeschränkt freies Land, weil es für Weiße unzählige „unverdiente Privilegien“ gebe. Dreht man diese ökonomische Terminologie McIntoshs um, sind demnach nicht alle Privilegien zu verwerfen, nämlich solche nicht, welche durch entsprechende Leistungen verdient sind. Vorausgesetzt wird bei einem derartigen Argument, alle hätten die gleichen Chancen. Die dennoch bestehende Ungleichheit kann in dieser liberalen Logik nur als Versagen jeder/s Einzelnen verstanden werden, nicht genug geleistet zu haben. Die immer wieder benutzte Bezeichnung „unverdiente Privilegien“ geht folglich implizit davon aus, Ungleichheiten seien nicht generell problematisch, vielmehr nur dann, wenn sie durch unverdiente Privilegien entstehen. Mittlerweile sind solche Denkweisen in einem allgemeinen Zusammenhang auch hierzulande weit verbreitet: als neoliberale Rhetorik der Eigenverantwortlichkeit.

Diese Verknüpfung von Kritiken weißer Privilegien mit neoliberalen Subjektivierungsanrufungen soll nicht heißen, Privilegiendiskussionen seien an sich problematisch. Mein Anliegen ist vielmehr, auf Argumentationen hinzuweisen, die sich auf die Idee eines souverän handelnden Subjekts beziehen und, wie McIntosh, moralisch und identitär sprechen. Denn auf diese Weise wird eher ein aktueller gouvernementaler Zeitgeist bedient, statt in einem gesellschaftskritischen Rahmen über Veränderungen von Ungleichheit nachzudenken.

Das Ziel von McIntoshs Intervention ist es, sich der eigenen weißen Privilegien nicht nur bewusst zu werden, sondern sie aktiv zu verringern und letztlich aufzugeben: „having described it, what will I do to lessen or end it?“ Ein solch einfaches voluntaristisches Aufgeben oder Ablegen weißer Privilegien ist in der Weißseinsforschung immer wieder kritisiert worden, nicht zuletzt auch am Beispiel des Konzepts des Race Traitors von Noel Ignatief und John Garvey, das zur Abschaffung der weißen „Rasse“ durch Verrat aufruft.[11] Die Entgegnungen auf solche Befreiungsphantasien und missverstandenen Möglichkeiten einer dekonstruktiven Analyse sollten jedoch nicht wieder in einen rassifizierenden Biologismus verfallen. Diese Gefahr besteht dann, wenn von einer historischen Unauflösbarkeit des Binarismus zwischen Schwarz und Weiß ausgegangen wird.[12]

Es muss folglich um eine Analyseperspektive gehen, die weder voluntaristisch argumentiert noch in Biologismen zurückfällt, sondern davon ausgeht, dass Weißsein eine soziale und politische Konstruktion ist.

Ruth Frankenberg, eine der einflussreichsten TheoretikerInnen der Critical Whiteness Studies, begreift Whiteness als „Praxis“ und „Prozess“, der sich gegen Widerstände vollziehe und gerade deshalb „anfechtbar“ sei – „überall dort, wo er geschieht“.[13] Dem kann ich zustimmen, sehe allerdings, dass diese angeblich allgegenwärtigen Möglichkeiten der Anfechtbarkeit letztlich zu einem phantasmatischen Handlungsaktivismus von Selbst-Positionierungen, Umbenennungen bis zum Privilegien-Ablegen führen. Vielleicht entsteht dieses Phantasma auch deshalb, weil Frankenberg weniger über Institutionalisierungen spricht, über die vielen unterschiedlichen Materialisierungen von Weißsein, und – darauf liegt der Fokus dieses Textes – weder sie unterscheidet zwischen Norm und Normalisierung noch diejenigen, die sich auf sie beziehen.

Bei aller Begriffsverwirrung im Weißseins-Diskurs liegt das Gewicht auf der Figur der Norm, was, so meine Vermutung, der Betonung einer bestimmten Idee von Handlungsfähigkeit des weißen Subjekts geschuldet ist. Nicht zufällig sind in der Debatte viele pädagogische Konzepte und Überlegungen zu finden, wie etwa der Privilegientest. Charakteristisch für eine normativistische Perspektive, das hat Jürgen Link kürzlich noch einmal deutlich gemacht, ist, dass sie individuelle Fälle, Handlungen und Situationen isoliert und mit dem Gesetz konfrontiert.[14] Eine solche ausschließlich an Gesetz oder Norm ausgerichtete Orientierung verbleibt jedoch in einem juridischen Paradigma.[15] Denn es geht bei Normen wie bei Gesetzen nur um die Frage, ob sie gebrochen werden oder nicht; in unserem Fall darum, wie sie zu brechen sind. Das Spannungsverhältnis ist das zwischen dem einzelnen Subjekt und dem Gesetz/der Norm. Dagegen stehen bei Normalisierungen nicht primär die einzelnen Subjekte im Mittelpunkt, geht es doch um Subjektivierungsweisen, um die Vielen, um Durchschnitte und Abweichungen. Zunächst jedoch zum Paradigma der Norm, der damit verbundenen Figur der juridischen Immunität und der sie konstituierenden Ausnahme.

 
Juridische Immunität – Die Ausnahme

Das Privileg hatte ursprünglich einen engen juridischen Sinn, also im Kontext des Rechts und der Normen. Nicht umsonst sind die Privilegientests an einem Juristischen Lehrstuhl entstanden.[16] Aber warum die Verbindung zur Immunität? Um dem nachzugehen, bietet sich ein Blick in die Etymologien der beiden Begriffe „Immunität“ und „Privileg“ an. Das Wort „Privileg“ setzt sich etymologisch aus zwei Teilen zusammen: aus privus, was lateinisch so viel wie „für sich bestehend“, „einzeln“, auch „eigen“ oder „besonders“ heißt. Der zweite Teil, „-leg“, geht zurück auf das lateinische lex für Gesetz oder Verordnung. Das Privileg ist demnach ein besonderes Recht, ein „Vorrecht“, letztlich ein „Ausnahmerecht“. [17] Doch mehr noch – darauf verweist die etymologische Verwandtschaft von privus mit privatus: Von einem eigen-tümlichen Recht, einem jus singularis ist hier die Rede, von einem, das vom allgemeinen, für alle anderen geltenden Recht gesondert ist, denn historisch bedeutet das Privileg das Vorrecht einer einzelnen Person.

Die Ausnahme dieses Rechts besteht nun darin, dass die privilegierte Person zumeist von etwas befreit ist, zum Beispiel davon, Abgaben zu leisten, bestimmte Steuern zu zahlen. Wer ein Privileg genießt, ist dem alten lateinischen Gebrauch des Wortes zufolge von einer Verpflichtung befreit. Und diese Definition, „von einer Verpflichtung oder einer Abgabe befreit zu sein“, ist auch diejenige von immun. Privileg und Immunität überschneiden sich somit in ihren Bedeutungen an einem, für die hier geführte Argumentation, gewichtigen Punkt.

Wie „Privileg“ hat ebenfalls das Wort „Immunität“, zurückgehend auf das lateinische immunitas, die Bedeutung von frei sein und befreit. Nicht ein Freisein an sich ist gemeint, sondern ein Freisein von etwas, in Relation zu etwas. Tatsächlich hieß dies im antiken Staat die Befreiung von Steuern (in Geld oder Naturalien) oder einem Amt, das man verpflichtet war zu übernehmen. Immunität konnte sowohl eine Befreiung von Vermögenslasten als auch eine von persönlichen Lasten bedeuten, von solchen, „die die persönliche Leistungsfähigkeit, körperlich oder geistig“ in Anspruch nahmen. Dergleichen Regelungen betrafen etwa Abgabenentlastungen von Blinden oder Gebrechlichen, aber auch Philosophen waren befreit von der Belastung ihrer geistigen Leistungsfähigkeit. Weiter besaßen die Senatoren in Rom und hohe Beamte Immunität.[18]

Immunität drückte folglich ein Erlassen und Entlasten von Leistungen und Abgaben an die Gemeinschaft, den Staat aus. Für all das, was erlassen werden konnte, von dem befreit wurde, steht im Lateinischen nur ein einziges Wort: munus. In der antiken römischen Rechtsanschauung sind damit solche öffentlichen Leistungen gemeint, zu denen das Bürgerecht (der Männer) und der Wohnort (das domicilium) dem Staat oder der Gemeinde gegenüber verpflichten.[19] Pflichten also, die durch das Recht, in einer bestimmten Gemeinschaft zu leben und darin Rechte zu haben, entstehen. Dieses munus, die Verpflichtung zur Ab-Gabe, verweist auch auf die grundlegende Bedeutung von Gemeinschaft im Lateinischen: communitas kommt von com-munis, „mitleistend, mit verpflichtet“, zusammen mit anderen gemeinsam Pflichten, Abgaben habend. Mit einer Logik des Identitären, mit Einheit, Homogenität oder Vereinheitlichung hat diese Vorstellung von Gemeinschaft nichts zu tun. Denn sie konstituiert sich in dieser Etymologie allein über die gemeinsamen Abgaben, die Pflichten aller, die in einer Gemeinschaft leben. Eine solche Gemeinschaft existiert nicht vor den Pflichten, sondern konstituiert sich in den und durch die Regelungen der Abgaben als com-munitas.

Immunitas dagegen als ein befreiender Erlass von Lasten, als Ent-lastung repräsentiert im Wort selbst diese Ent-Lastung als Negation. Denn die Vorsilbe in-, bei immunis wird sie zum im-, impliziert im Lateinischen die Negation von munus[20], von Pflichten oder Leistungen: im-munia – ohne Pflichten. Wer immun ist, muss diese Pflichten der Gemeinschaft nicht leisten, ist folglich ohne Gemeinschaftspflicht.

Hier zeigt sich bereits, dass das Immune und das Commune untrennbar verknüpft sind. Sie stehen sich aber nicht in einem oppositionellen Verhältnis schlicht gegenüber. Das eine ist nicht schlicht die Negation des anderen. Vielmehr stehen beide, wie der italienische Philosoph Roberto Esposito es ausgedrückt hat, in einer „komplexe[n] Dialektik“ zueinander. Die Gemeinschaft konstituiert den „Sinnhorizont (…), vor dem allein die Immunität sich abheben kann“.[21]

Werden jemandem Leistungen erlassen, dann ist die Person nicht nur ohne Pflichten, ohne Amt, mithin in der Negation des munus, sondern sie ist auch niemandem etwas schuldig. Von einem sozialen Verhältnis in Relation zur Gemeinschaft ist die Rede: Wer immun ist, dem wurde etwas entfernt, die Pflicht des munus. Gleichzeitig wurde diese Person dadurch selbst aus etwas herausgenommen, aus der Gemeinschaft nämlich, aber nicht in ein Außen, sondern in die Position der Ausnahme. Ihre Ausnahme ist, dass sie ohne Last oder Schuld, ohne Schulden gegenüber den anderen ist. Diese Bedeutung von „ohne Schulden zu sein“ wird verstärkt durch die enge Verbindung von Immunitas mit excusatio[22], der Exkusation, der Entschuldung. Folgt man dieser Linie der Negation, steht die immune Person bei niemandem in der Schuld, das heißt auch, sie hat sich nichts zu schulden kommen lassen – etwas, das sich zunächst positiv verstehen lässt, verfügt „immun“ doch auch über eine Bedeutungslinie zu „unberührt“, im Sinne von „ohne Schuld“ und „rein“.[23] Deshalb aber den Fokus auf immune Schuldlosigkeit, gar Reinheit zu lenken, verdeckt das grundlegende soziale Verhältnis, um das es hier geht.

Immunität ist ohne Gemeinschaft offenbar nicht denkbar, die Her-Ausnahme nicht ohne die Regel, ohne die für alle anderen geltenden Regelungen und Gesetze. Immunitas und communitas stehen also in einem gegenseitigen Bedingungsverhältnis und dennoch ist das eine der Parasit des anderen. Roberto Esposito betont, dass genau dieses Verhältnis von Ausnahme und Regel, von an das einzelne Subjekt gebundenem Sonderrecht und allgemeinem Recht, von Entschuldung und Abgabeschuld den zutiefst „antisozialen und antigemeinschaftlichen Charakter“ des immunitären Privilegs deutlich macht. Denn die exponierte, privilegierte Position ist parasitärer Teil der Gemeinschaft. Sie existiert nicht ohne die anderen, sondern auf deren Kosten. Das soziale Verhältnis zwischen Ausnahme und Regel, zwischen Immunität und Gemeinschaft ist demnach ein parasitäres Verhältnis der Ungleichheit.

In dieser juridischen Figur der Immunität zeigt sich, dass das Privileg, die Immunität, ein persönliches Recht ist, gebunden an das Subjekt als Rechtsinhaberin. Meine Kritik ist nun, dass diese juridische Figur grundsätzlich die Idee eines klassisch aufklärerischen Subjekts voraussetzt, eines Subjekts, das ausgestattet ist mit einem Willen, intentional handelt und darüber hinaus Eigenschaften und Identität besitzt. Das Privileg wird daher an das Rechtssubjekt gebunden, als ob es als Identität oder Eigenschaft besessen würde. Was damit nicht gesehen wird, ist, auf welche Weisen diese Idee des Subjekts selbst Effekt und vor allem Instrument von Macht- und Herrschaftsverhältnissen ist.

Privilegien aufzugeben, sie abzustoßen, hieße in diesem juridischen Szenario dann die Befreiung von der Schuld der Ent-Schuldung. Das wäre aber offensichtlich nichts anderes als eine umgekehrte Ent-Schuldung: nämlich die Ent-Lastung von der Last des Privilegs. Eine Art Rein-waschen. Nicht umsonst wird die Frage der Schuld in Whitenessdiskussionen immer wieder gestellt. Wer die Position der Schuld ausmachen kann, kann sich entlastende Strategien überlegen, was jedoch in der Logik, die ich hier vertrete, wiederum eine weitere Strategie der Immunisierung darstellt.

Meine Kritik an einer auf Normen fokussierten Whitenessdiskussion ist somit, dass sie Handlungsfähigkeit unkritisch von Rechtssubjekten aus konstruiert. Solche souveränen Subjektvorstellungen sollen zwar die Grundlage von kritischer, befreiender und entschuldender Handlungsfähigkeit sein. Auf diese Weise wird jedoch gerade die traditionelle männlich weiße Souveränitätsidee beständig inthronisiert, statt sie auch nur annähernd zu erschüttern. Die Vorstellung eines souveränen Subjekts, das seinem Willen oder auch seinem richtigen Bewusstsein gemäß die Welt umgestaltet, darum Privilegien erkennen und am Ende sogar ablegen kann, wird reproduziert, und damit einer der zentralen Stützpfeiler von Überlegenheits- und Weißseinskonstruktionen. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Fokussierung auf Normen und das permanente Vermischen von Norm und Normalität, von Normierung und Normalisierung.

Das Privileg ist die Ausnahme, es kann nicht die Normalität sein. Als eine solche Ausnahme ist es alles andere als unsichtbar oder unmarkiert. Es ist im Gegenteil auffallend, deutlich markiert, nämlich im Verhältnis zu allen anderen, zur Gemeinschaft. Will man Weißsein als unsichtbare Normalität betrachten, macht es keinen Sinn, die Analyse von Weißsein allein an ein normatives Denken zu binden. Denn Normalisierungsmechanismen entstehen gerade nicht innerhalb des juridischen Paradigmas der Norm. Sie lassen sich eher im Kontext eines biopolitischen Paradigmas der Normalisierung als Strategie der Immunisierung beschreiben. Doch zunächst noch eine weitere Begriffsklärung.

 
Normativität, Normation und Normalisierung

Foucault hat 1978 in seiner ersten Vorlesung zur Gouvernementalität mit dem Titel „Sicherheit, Territorium, Bevölkerung“ in einem zentralen Punkt seine bisherigen Forschungen korrigiert und begrifflich systematisiert. Nach seinen Untersuchungen zur Disziplin, die er 1975 in Überwachen und Strafen veröffentlicht hat, entwickelt er nun, drei Jahre später, das Paradigma der Sicherheit. Damit verschiebt sich die gesamte Statik seiner Machtanalyse. Disziplin und Sicherheit, sagt er nun, behandeln das, was landläufig „Normalisierung“ genannt wird, auf sehr unterschiedliche Weisen. Bereits Ende der 1970er Jahre hatte offenbar das Sprechen über Normalisierung Hochkonjunktur, denn Foucault beginnt seine Vorlesung ein wenig lamentierend: „Was ist nicht alles Normalisierung? Ich normalisiere, du normalisierst usw.“[24] Genau dieser inflationäre Gebrauch von Normalisierung durchzieht bis heute viele Diskurse, ebenso den der Kritischen Weißseinsforschung.

Doch zunächst die Unterscheidung zur Norm: Gesetz und Norm gehören in Bezug auf das mit ihnen verbundene Denken zusammen. Durch sein gesamtes Werk hindurch bezeichnet Foucault eine solche, am Gesetz orientierte, Denkweise als juridisch. Das ist bekannt. Was er dagegen jahrelang sicherlich versäumt hat, ist eine genaue analytische Differenzierung zwischen Norm und Normalisierung zu liefern. In dieser Vorlesung zur Gouvernementalität holt er das nun nach und spricht zunächst von Normativität, also von dem, was er bisher als juridisch bezeichnet hat: Ein Denken in Bezug auf Gesetzessysteme, die mit Normen in Beziehung stehen, sich auf ein System von Normen beziehen. Von dieser Normativität unterscheidet er Normalisierung. Normalisierungen sind freilich nicht das absolut Andere eines Normensystems, sie finden nicht jenseits eines Gesetzes- oder Normenkodexes statt. Sie gehen aber auch nicht notwendig daraus hervor. Vielmehr konstituieren sie sich in den „Spielräumen“[25] der Gesetzes- und Normsysteme, und laufen ihnen nicht selten zuwider. Normalisierungstechniken sind also Prozeduren und Praktiken, die durch normative Regelungen nicht abgedeckt und gerade in ihren normalisierenden Effekten durch Normen oft nicht erfasst werden.

Nach dieser Differenzierung zwischen Norm und Normalisierung nimmt Foucault noch eine weitere vor. Er nennt einen dritten Begriff, der das bezeichnen soll, was gewöhnlich unter Normalisierung verstanden wird, er aber nicht darunter versteht. Diese vermeintliche Normalisierung nennt er Normation. Er sagt selbst, dass das Wort auch im Französischen ungewöhnlich ist. Gleichwohl ist diese Normation, diese falsch verstandene Normalisierung, davon gekennzeichnet, dass sie nicht von der Norm loskommt und in der Logik des Gesetzes und des Rechts verbleibt. Das Charakteristische einer solch juridischen Logik sind binäre Grenzziehungen zwischen Souverän und Untertan, Gesetz und Rechtssubjekt, kurz: zwischen Erlaubtem und Verbotenem. Deshalb nennt Foucault diese Normation zugleich „disziplinarisch“[26]. Denn die Disziplin zergliedert und teilt Individuen auf, um sie einerseits wahrzunehmen und andererseits zu modifizieren. Ebenso klassifizieren Disziplinierungstechniken nach bestimmten Zielen und zu bestimmten Nutzen, sie optimieren und kontrollieren. Von einem solch utilitaristisch optimalen Modell geht dann anschließend eine „Spaltung“ in das Normale und das Anormale aus, „(…) wobei das Normale genau das ist, was in der Lage ist, sich dieser [optimalen] Norm zu fügen, und das Anormale ist das, was dazu nicht in der Lage ist“.[27] Das Normale soll sich der Norm fügen und unterwerfen, das Anormale wird ausgeschlossen. Demnach ist bei dieser Vorstellung von Normation nicht eine Spaltung in Normales und Anormales grundlegend, sondern die Norm. Die Norm schreibt vor, und von ihr ausgehend werden binäre, und nur binäre Muster von Normalem und Anormalem bestimmt. Wird die Norm als Ausgangspunkt gesetzt, von dem ein Binarismus von „normal“ und „anormal“ abgeleitet wird, handelt es sich also nicht um Normalisierung. Vielmehr gehört Normation auch zum Bereich des Juridischen.

 
Biopolitische Immuni(si)erung - Die Hereinnahme

Es gibt eine zweite etymologische Genealogie des Immunen: Diese sekundäre, entlegene Etymologie leitet sich nicht aus der Negation des munus ab, sondern von immunire. In diesem Verb verweist im- nicht wie in der ersten Deutung auf eine Negation, sondern auf eine Herein-Bewegung. munire kommt von dem alten lateinischen Begriff der munia oder moenia, den Mauern, und heißt soviel wie befestigen im Sinne von „mit Mauern umgeben“: Stadtmauern, die Wände eines Schiffs oder die Alpen als Schutzwall Italiens. Immunire impliziert also eine Bewegung des Hereinholens, und in der Bewegung der Hereinnahme zugleich eine Befestigung, einen Schutz.[28] Während die juridische Immunität im Privileg eine Figur der Ausnahme konstruiert, basiert die zweite Figur des Immunen auf der Hereinnahme und wird so zu einem wichtigen Aspekt des biopolitischen Paradigmas der Normalisierung.[29]

In dieser Bedeutungsgenealogie der Hereinnahme setzt sich am Ende des 19. Jahrhunderts die Bezeichnung „immunisieren“ durch, im Sinn von durch Impfen „gegen Krankheitserreger (…) unanfällig machen“.[30] Doch lange bevor Robert Koch in den 1870er Jahren begann, die Erregertheorie zu propagieren[31], verbreitete sich in Europa die Praxis der Impfung gegen Pocken. Es heißt, Lady Montagu habe die im Osmanischen Reich seit langem verbreitete Impfpraxis während ihres Aufenthaltes in Konstantinopel dort in der 1710er Jahren erfahren, sogar ihren Sohn impfen lassen, und bei ihrer Rückkehr nach England davon berichtet.[32] Die Pocken waren daraufhin die erste Krankheit, anhand der in Europa Versuche unternommen wurden, Menschen durch absichtliche Infektion mit Krankheitserregern zu immunisieren. Das bedeutete, das Gift der Krankheit in abgeschwächter Weise in den Körper einzuführen, hinein zu nehmen, um so den Körper vor den Pocken zu schützen, ihn vor weiteren Ansteckungen immun zu machen. Nach der künstlichen Infektion sollte er durch die nur schwach ausbrechende Krankheit wieder schnell geheilt werden, statt der tödlichen Seuche ungeschützt ausgesetzt zu sein. Dieses Vorgehen stellte in der okzidentalen Medizingeschichte einen enormen Paradigmenwechsel dar. In Indien dagegen wurden Impfverfahren bereits „in den ersten Jahrhunderten nach Christus“[33] von Brahmanen durchgeführt, bei denen „Pockeneiter von milden Fällen durch leichte Hautschnitte auf Gesunde übertragen wurde“[34]. Allerdings blieben bis ins 20. Jahrhundert die medizinischen Ursachen der Pocken weltweit unbekannt. Man wusste nicht sicher, wie sie sich letztlich übertragen und verbreiten, und wie sie zu heilen waren. Erst 1906 wurde das Pockenvirus von einem Hamburger Arzt „entdeckt“, also nachdem auch in Europa schon 150 Jahren geimpft wurde.[35]

Dieser medizinische Paradigmenwechsel findet in Europa am Beginn der Moderne statt und markiert, wie Foucault betont hat, auch einen gesellschaftspolitischen Umbruch: nämlich den Übergang von der traditionellen souveränen Herrschaft, dem juridischen Modell, zur kapitalistischen bürgerlichen Herrschaft, also den Übergang zur biopolitischen Gouvernementalität – wie ich die Zusammenführung der beiden Foucaultschen Konzepte Biopolitik und Gouvernementalität bezeichne.[36]

Seit seinen frühen Schriften wie der Geburt der Klinik hat Foucault immer wieder darauf hingewiesen, dass in der säkularen biopolitisch gouvernementalen Gesellschaft die Gesundheit die alte Funktion des christlichen Heils übernahm.[37] Im Zuge moderner Staatlichkeit bestand seit dem 18. Jahrhundert die wesentliche Funktion der Medizin darin, „die Religion zu ersetzen und die Sünde in Krankheit zurückzuverwandeln“.[38]

Gesundheit wurde zur nationalen Aufgabe. Erstmals entstanden am Ende des 18. Jahrhunderts, nicht nur in Frankreich und Österreich, parallel zum Aufbau moderner Krankenhäuser, kommunale und staatliche Gesundheitspolitiken. Anders als in den Spitälern und Lazaretten des Mittelalters und der Neuzeit, in denen die Armen und Kranken bloß dahinsiechten und starben, entwickelte sich nun das Gebot des Heilens. Die Leute sollten wieder gesund werden, vor allem um ihre Arbeitsfähigkeit zurück zu gewinnen. Die Bevölkerung sollte in ihrer Gesamtzahl relativ stabil gehalten werden und nicht bei hoch infektiösen, letztlich unkontrollierbaren Epidemien in hoher Zahl sterben. Heilen bedeutete nun also verstärkt, die Menschen am Leben zu erhalten und entwickelte sich im 18. Jahrhundert als ein zutiefst biopolitisches Konzept.

Das alles ist undenkbar ohne Statistik, ohne Datenerhebung, ohne Errechnen eines Durchschnitts, eines Mittelmaßes: kurz dessen, was als gesund gelten soll, mithin des Normalen. Heilen als biopolitisches Normalisierungskonzept hat nicht an erster Stelle die Gesundheit jedes einzelnen Individuums zum Ziel.[39] Die historisch neue Frage war nun, mit welcher Wahrscheinlichkeit möglichst viele in der Bevölkerung gesund werden. Die Impfung ist dafür das paradigmatische Beispiel.

Niemals in der Geschichte der Impfung gab es die absolute Sicherheit darüber, anschließend wirklich immun zu sein. Es blieb lange Zeit ein nicht geringes Risiko bestehen, trotz Impfung die Pocken zu bekommen und an der künstlichen Infektion zu sterben oder sowieso auf Dauer durch Impfung (Variolation oder Vakzination) nicht immun zu sein.[40] Die einzige Möglichkeit, die Impfung im 18. und 19. Jahrhundert zu rechtfertigen, war daher kein medizinisches Wissen, sondern allein die Statistik. 1760 argumentierte der Mathematiker Bernoulli deshalb in folgender Logik: „Wenn man die Impfung einführt, ergibt sich ein Gewinn von mehreren tausend Personen für die bürgerliche Gesellschaft; selbst wenn sie lebensgefährlich ist, da sie die Kinder in der Wiege tötet, ist sie den Pocken vorzuziehen, die die für die Gesellschaft nützlich gewordenen Erwachsenen zugrunde gehen lassen“.[41] Je nach Alter, Wohnort oder Beruf galt es dann als normal, also in einem bestimmten Maße wahrscheinlich, durch Impfung immun zu werden oder eben nicht. Der Bereich des Anormalen ist dabei eng verbunden mit dem Tod, nämlich an den Pocken zu sterben. Solange dieses Sterben jedoch nicht überhand nimmt, ist es in gewissem Maße der in Kauf genommene Teil von Impfstatistiken, und gleichzeitig von Normalisierungen im Allgemeinen. Das Anomale wird in einem doppelten Sinn toleriert: zum einen in der Toleranz seines physischen oder auch sozialen Todes, zum anderen in seiner Existenz, wenn es das Normale nicht bedroht oder gefährdet. In diesem doppelten Sinn hat das als anormal Konstruierte eine Funktion für das, was als normal gilt.[42]

Als empirische Praxis ist demnach die Pockenimpfung nicht zu trennen von statistischen Normalisierungsmechanismen, dies allerdings wie gesagt ohne konkretes medizinisches Wissen. Aber auch ohne die Isolierung des Pockenvirus’ und ohne genaues Wissen darüber, wie es aussieht und was es genau bewirkt, bewegt sich die Impfung in einem bestimmten medizinischen Paradigma, nämlich in dem der Hereinnahme des Giftes als Arznei, eine Figur der Immunisierung, nach der auch Normalisierung funktioniert.

Das bewusste Inkorporieren, das Hereinnehmen von Gift in den Körper bedeutet nun zweierlei: einmal das Ende binärer Grenzziehungen zwischen Innen und Außen, die Haut als metaphorische Schutzgrenze wird durchlässig. Zum anderen entsteht mit der Hereinnahme von Gift eine völlig neue Idee von Heilung. Nicht mehr die Behandlung nach dem Prinzip der Gegensätzlichkeit ist nun angesagt, ein Medizinverständnis, das auf der hippokratischen Säftelehre beruht und heilen als Ausgleichen von ins Ungleichgewicht geratenden Körpersäften versteht. Die neue Idee des Heilens dagegen geht auf den Schweizer Paracelsus (1493-1541) zurück und entspricht statt dem Prinzip der Gegensätzlichkeit dem homöopathischen Prinzip der Ähnlichkeit. Die neue Behandlungsregel lautet nun: Gleiches wird durch Gleiches geheilt,[43] vereinfacht gesagt: die Pockenkrankheit durch das Pockenvirus. Krankheit ist demzufolge nicht mehr der Gegenpart zur Gesundheit, Krankheit und Gesundheit bilden keinen Gegensatz mehr. Denn mit dem Prinzip der Ähnlichkeit ist zur Heilung, zum Herstellen der Gesundheit die Krankheit, das Virus, das Übel ein notwendiges „Instrument“[44]. Esposito schreibt: „Das Heilmittel des Übels besteht darin, es in Formen und Dosierungen einzunehmen, die so beschaffen sind, dass sie endgültig dagegen immunisieren“[45]. Die Heilung soll demnach durch genau die Bedrohung erfolgen, vor der man sich schützen will. Denn durch die Hereinnahme sollen Antikörper, somit Abwehr produziert werden, um letztlich die nun immanente Bedrohung zu neutralisieren, ungefährlich zu machen, nicht jedoch zu vernichten.

Die Neutralisierung des nunmehr immanenten Giftes korrespondiert mit der Ausweitung des Bereichs des Normalen und damit mit dem Bestreben, Krankheitsrisiken ständig zu minimieren und gleichzeitig die Heilungschancen fortwährend zu erhöhen, aber eben nie vollständig oder für alle. Versteht man neutralisieren als ungefährlich machen, dann bedeutet das auf eine gewisse Weise auch „heilen“: Heilen als Wiedereingliederung in das gesunde Normalitätskollektiv. Vor dieser Integration, dieser Hereinnahme durch Heilung, ist es wie immerzu notwendig, durch Datenerhebung, folglich Kategorisierungen und Differenzierungen, festzulegen, wo die Übergänge zum Anormalen verlaufen, wer dazugehört und wer nicht mehr. Das Anormale muss erst erzeugt, das heißt als extrem anders markiert werden, bevor es durch Heilung wieder integriert und von neuem reguliert werden kann. Dies entspricht wiederum der bereits erwähnten Doppelfunktion des Anormalen. Die Möglichkeit, das markierte Andere überhaupt wieder einschließen zu können und dadurch das – unmarkierte – Normale auszuweiten und gleichzeitig zu stabilisieren, produziert eine bewegliche Differenzierung zwischen heilbarem und unheilbarem Anderen. Gesunde Normalität konstituiert sich folglich über eine variable Abstufungsskala von „integrierbar“ zu „unheilbar“. Im Paradigma der Normalisierung ereignet sich mithin eine Dynamik vergleichbar einer Impfung und den damit verbunden, normalistischen Vorstellungen von Heilung. Es ist eine Bewegung der permanenten Konstruktion und Involvierung des Anormalen und der Abweichung in ein „Inneres“ herein.

Die heilende Immunisierung ist folglich kein normativer Zustand und deshalb keine Immunität wie in der juridischen Konzeption. Sie ist vielmehr ein ständiger, dynamischer Prozess, der nie zu einem Abschluss kommen kann. Sie ist ein unaufhörliches Versprechen auf Heilung und damit konstitutiv instabil.[46]

 

Ich habe hier zwei Figuren des Immunen vorgestellt. Einmal die juridische Immunität, die an der Norm orientiert ist, die das Privileg als Sonderrecht, als Ausnahme erzeugt, gebunden an ein Rechtssubjekt, das in einem parasitären Ent-schuldungsverhältnis zur Gemeinschaft steht. Das Problem: die Reproduktion des männlich, weißen, souveränen Herrschaftssubjekts. Weiter können Analysen, die das Normale an der Norm orientiert verstehen, mit Foucault als juridische Normation bezeichnet werden. Das Problem: auch sie bleiben einer binären Logik verhaftet. Als Alternative zu einem binären Denken habe ich die zweite Figur des Immunen vorgeschlagen, die biopolitische Immunisierung. Eine instabile Dynamik von Normalisierung, die sich historisch mit Beginn der Moderne herausbildet und um ein Versprechen auf Heilung kreist. Normalisierung wird hiernach über die permanente Hereinnahme konstituiert und reproduziert, über die Integration des zuvor als anormal Markierten. Trotz der in diesem Text vorgeschlagenen analytischen Trennung gibt es keine normfreie Sphäre der Normalisierung und genauso wenig umgekehrt. Dennoch geht es um zwei unterschiedliche Paradigmen.

Noch eine kurze etymologische Nachbemerkung zum Wort „heilen“, von dem ich auch als Integration gesprochen habe. Heilen bedeutet tatsächlich nicht nur „heil“, „gesund“, „ganz“ und „unverletzt werden“. Regina M. Banda Stein hat auf eine zweite, nicht mehr präsente etymologische Bedeutungslinie von „heilen“ hingewiesen. Im Zusammenhang mit der Kastration von Tieren hieß „heilen“, „die Wildheit nehmen“.[47] Diese Linie bedeutet zugleich – nicht auf Tiere reduziert –: „zahm und brauchbar machen“. Überdies taucht diese Wortbedeutung parallel zur europäischen Kolonisierung auf.[48] „Heilen“ heißt damit auch anpassen, die „Wildheit“, das Fremde nehmen, somit das, was das Normale – Weiße – bedroht, und zwar nicht durch Ausschluss, sondern durch Integration. Es liegt nahe, diese Vorstellung von „Heilen“, wie Stein, auch in einem missionarischen kolonialen Kontext zu verstehen: Der „Schwarze Mensch musste, bevor er ‚gesunden’ konnte, christianisiert und damit im übertragenen Sinne kulturell ‚gebrochen’, ‚zahm’ und ‚gefügig’ gemacht werden.“[49]

 

Dieser Text entspricht in weiten Teilen dem Vortrag „Immunisierung und Weißsein“, gehalten im Rahmen der Ringvorlesung des Graduiertenkollegs „Geschlecht als Wissenskulturen“ am 8. Mai 2007 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er erscheint in erweiterter und überarbeiteter Fassung als Weißsein und die Auffaltung des Immunen. Zur notwendigen Unterscheidung zwischen Norm und Normalisierung“, in: Bettina Bock von Wülfingen / Ute Frietsch (Hg.), Epistemologie und Differenz. Beiträge zur Reproduktion in den Wissenschaften, Bielefeld: transcript 2010.



[1] Weiter soll es in dem Band auch darum gehen, „diese rassistischen Herrschafts- und Machtverhältnisse zu destabilisieren und gar abzuschaffen“ (Vorwort. In: Martina Tißberger, Gabriele Dietze, Daniela Hrzán, Jana Husmann-Kastein (Hg.): Weiß - Weißsein - Whiteness. Kritische Studien zu Gender und Rassismus. Berlin 2006, 7-12, 7).

[2] Peggy Piesche: Das Ding mit dem Subjekt, oder: Wem gehört die kritische Weißseinsforschung? In: Maureen Maisha Eggers, Grada Kilomba, Peggy Piesche, Susan Arndt (Hg.): Mythen, Masken und Subjekte. Kritische Weißseinsforschung in Deutschland. Münster 2005, 14-17, 16.

[3] Susan Arndt: Weißsein. Die verkannte Strukturkategorie Europas und Deutschlands. In: Mythen, Masken und Subjekte, 24-29, 28.

[4] Tißberger et al.: Vorwort. In: Weiß - Weißsein – Whiteness, 9. S.a. Aveling, Nado: More Than Just Skin Color: Reading Whiteness Across Different Locations. In: Weiß - Weißsein – Whiteness, 31-42.; Michael S. Kimmel: Toward a Pedagogy of the Oppressor. In: Michael S. Kimmel; Abby L. Ferber (Eds.): Privilege. A Reader. Boulder/Colorado, Oxford 2003, 1-10, 9: „Guilt can politicize us.“

[6] Daniela Hrzán: Privilegien in der Diskussion: Eindrücke von meinem Besuch am Centre for Women's Studies and Gender Research an der Universität Oslo. In: HU Gender Bulletin 34 Texte, SoSe 2007. Online unter: www.gender.hu-berlin.de/forschung/publikationen/genderbulletin/ (im Erscheinen)

[7] Peggy McIntosh: White Privilege and Male Privilege: A Personal Account of Coming To See Correspondences through Work in Women’s Studies. Working Paper 189, Wellesley College Center for Research on Women’s Studies. Wieder abgedruckt in: Michael S. Kimmel, Abby L. Ferber (Eds.): Privilege. A Reader. Boulder/Colorado, Oxford 2003, 147-160. McIntosh führt 45 Punkte an wie beispielsweise: „If I should need to move, I can be pretty sure of renting or purchasing housing in an area which I can afford and in which I would want to live.” oder “I can turn on the television or open to the front page of the paper and see people of my race widely represented.” Diese Privilegienauflistung wurde zum Vorbild von so genannten Privilegientests, wie sie auch von Susanne Baer und Daniela Hrzán an der Humboldt Universität zu Berlin entwickelt wurden.

[8] White Privilege: Unpacking the Invisible Knapsack. www.case.edu/president/aaction/UnpackingTheKnapsack.pdf

[9] Vgl. ebd.: „My schooling gave me no training in seeing myself as an oppressor, as an unfairly advantaged person, or as a participant in a damaged culture. I was taught to see myself as an individual whose moral state depended on her individual moral will. My schooling followed the pattern my colleague Elizabeth Minnich has pointed out: whites are taught to think of their lives as morally neutral, normative, and average, and also ideal, so that when we work to benefit others, this is seen as work that will allow ‘them’ to be more like ‘us’.”

[10] Bei McIntosh geht hier genau das durcheinander, was ich im Folgenden differenzieren möchte: Das Normative betrifft die Norm, der Durchschnitt das Normale. Der Maßstab wiederum gehört zu beiden Bereichen.

[11] John Garvey, Noel Ignatiev (Eds.): Race Traitor. New York, London 1996. John Garvey, Noel Ignatiev: Toward a New Abolitionism: A Race Traitor Manifesto. In: Mike Hill (Ed.): Whiteness. A Critical Reader. New York, London 1997, 346-349. Kritisch dazu: Ladelle McWhorter: Where do White people come from? A Foucaudian critique of Whiteness Studies. In: Philosophy & Social Criticism. vol. 31. nos 5-6, 533-556; Jinthana Haritaworn: „Der Menschheit treu“: Rassenverrat und Multi-Themenpolitik im derzeitigen Multikulturalismus. In: Mythen, Masken und Subjekte, 158-171; Stefan Gerbing, Rona Torenz: Kritische Weißseinsforschung und Deutscher Kontext. Über das Verhältnis von Deutschsein, Weißsein und die Konstruktion des Ariers. Saarbrücken 2007, 19.

[12] Das Argument, das Susan Arndt unter anderem solchen Befreiungsphantasien in kritischer Absicht entgegenhält, ist, dass es kein Schwarzwerden von Weißen geben kann, lediglich ein Weniger-weiß-werden, je nach sozialer und ökonomischer Positionierung. Denn das „biologisch geerbte Weißsein“ (351) könne historisch nicht verloren gehen. (Susan Arndt: Mythen des weißen Subjekts: Verleugnung und Hierarchisierung von Rassismus. In: Mythen, Masken und Subjekte, 340-362, 350ff.) Ein solches Argument ist äußerst problematisch, weil es biologistische Rassekonstruktionen hervorrufen kann. Ein schwarz-weiß Binarismus wird nicht als soziale Konstruktion betrachtet, sondern beständig naturalisierend reproduziert. Auch Eske Wollrad geht davon aus, dass Rassismus an die „Einschreibung unaufhebbarer Differenzen in Körper“ gebunden ist. (Eske Wollrad: Weißsein im Widerspruch. Feministische Perspektiven auf Rassismus, Kultur und Religion. Frankfurt/M. 2005, 119) Dazu kritisch auch: Gabriele Dietze: Critical Whiteness Theory und Kritischer Okzidentialismus. Zwei Figuren hegemonialer Selbstreflexion. In: Weiß - Weißsein – Whiteness, 219-248, 230.

[13] Ruth Frankenberg: Die Politik der Whiteness. Ansichten zu einer kulturellen Front. (12.04.2001). In: Linksnet.de/drucksicht.php?id=328. Gekürzte Fassung ihres Textes „Local Whitenesses, Localizing Whiteness“. In: Ruth Frankenberg (Eds.): Displacing Whiteness. Essays in Social and Cultural Criticism. Durham, London 1997, 1-34.

[14] Jürgen Link: Normativität versus Normalität: Kulturelle Aspekte des guten Gewissens im Streit um die Gentechnik. In: Martin Stingelin (Hg.): Biopolitik und Rassismus. Frankfurt/M. 2003, 184-205, 191

[15] Zur Fixierung der Critical Whiteness Studies auf Normen siehe auch McWhorter.

[16] Siehe Anm. 5.

[17] ‚Privileg’. In: Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Elmar Seebold. 24. durchgesehene und erweiterte Auflage. Berlin, New York 2002, 721; ‚Privileg’. In: Wolfgang Pfeifer (Hg.): Etymologisches Wörterbuch des Deutschen H-P. Berlin 1989, 1320-1321, 1321.

[18] ‚Immunitas’. In: Paulys Realencyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft. hrsg. v. Wilhelm Kroll. Siebzehnter Halbband. Stuttgart 1914, Sp. 1134-1136.

Auch Frauen und Kinder mussten Abgaben leisten, allerdings nicht jede Form von munus. “Die unter Vormundschaft stehenden Knaben (orbi) und die weder in väterlicher noch in eheherrlicher Gewalt stehenden Personen weiblichen Geschlechts (orbae) werden als vermögens-rechtlich selbständig besteuert“ und können deshalb auch von der Vermögenssteuer befreit werden. Allerdings unterliegen sie der „besonderen und, weil sie ständig ist, schweren Aufgabe der Pferde- und Futtergeldzahlung für die Reiter, wogegen sie vom tributum befreit sind (…). Dies ist im Laufe der Zeit zum Privilegium geworden …“ (Theodor Mommsen: Die Frohnden und Steuern der patricisch-plebejischen Gemeinde. In: Ders.: Römisches Staatsrecht. Dritter Band. I. Abteilung. Leipzig, 1887, 224-239, 236)

[19] ‚Munus’. In: Paulys Realencyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft. hrsg. v. Wilhelm Kroll. Einundreißigster Halbband. Stuttgart 1933, Sp. 644-651, 644

[20] ‚immun’. In: Wolfgang Pfeifer (Hg.): Etymologisches Wörterbuch des Deutschen H-P. Berlin: 1989, 730.

[21] Roberto Esposito: Immunitas. Schutz und Negation des Lebens. Berlin 2004, 11.

[22] ‚Immunitas’. In: Paulys, Sp. 1134: „ungefähr gleich, aber nicht identisch mit excusatio“. Vgl. auch Esposito. Immunitas, 12: „Immun ist, wer - entsprechend dem Doppelregister von vacatio und excusatio – niemandem etwas schuldet“.

[23] Zu ‚immun’ als ‚unberührt’ und ‚rein’, siehe Kluge. Etymologisches Wörterbuch, 435

[24] Michel Foucault: Geschichte der Gouvernementalität I. Sicherheit, Territorium, Bevölkerung. Vorlesung am Collège de France 1977-1978. Hrsg.v. Michel Sennelart. Frankfurt/M. 2004, 88.

[25] Foucault. Geschichte der Gouvernementalität I, 88.

[26] Foucault. Geschichte der Gouvernementalität I, 89.

[27] Foucault. Geschichte der Gouvernementalität I, 89f.

[28] „im-munio 4. ivi hineinbauen: praesidium T“ (einen Schutz hineinbauen). Siehe Josef Maria Stowasser: Lateinisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch. Wien 1930, 385; vgl. auch Thesaurus Linguae Latinae. München 2003. Ich danke Gerald Raunig für diesen Hinweis.

[29] Dieser Text ist ein erster Schritt dahin, eine Figur biopolitischer Immunisierung zu problematisieren. Ich beschränke mich hier auf zentrale reproduzierende Dynamiken von Herrschaft ohne auf Transformationsmöglichkeiten einzugehen. Da ein solches Szenario biopolitischer Immunisierung nicht auf die Problematik von Weißsein reduziert werden kann, führe ich es in diesem Kontext an, ohne es explizit auf letztere zu fokussieren.

[30] ‚immun’. In: Pfeifer, 730.

[31] Koch isolierte 1876 mit dem Milzbranderreger zum ersten Mal einen Bazillus als separierte Ursache einer Infektionskrankheit: einen singulären Erreger. Als er 1881 den Nachweis des Tuberkulose-Bakteriums erbrachte, setzte sich in der Medizin die Vorstellung von der Existenz bakterieller Krankheitserreger durch, das heißt die Erregertheorie als komplexitätsreduziertes Ursache-Wirkungsverhältnis von Krankheiten. (dazu auch Philipp Sarasin, Silvia Berger, Marianne Hänseler, Myriam Spörri (Hg.): Bakteriologie und Moderne. Studien zur Biopolitik des Unsichtbaren 1870-1920. Frankfurt/M. 2007)

[32] Lady Mary Wortley Montagu war mit dem englischen Botschafter in Konstantinopel verheiratet. Siehe hierzu u.a. Stefan Winkle: Geißeln der Menschheit. Kulturgeschichte der Seuchen. Düsseldorf 2005, 868ff.; Dagmar Weigel: Die ‚Embassy Letters’ der Lady Mary Wortley Montagu. In: Ragnhild Münch (Hg.): Pocken. Zwischen Alltag, Medizin und Politik. Berlin 1994, 35-41.

[33] Winkle. Geißeln der Menschheit, Anm. 76,1419.

[34] Winkle. Geißeln der Menschheit, 850.

[35] Der erste vage Nachweis des Pockenerregers wird dem in Mexiko geborenen Hamburger Impfarzt Enrique Paschen nachgesagt. „Die Paschenschen Elementarkörperchen, deren ätiologische Bedeutung lange Zeit umstritten war, wurden schließlich als die Erreger der Pocken anerkannt.“ (Winkle, 896) Man konnte bis 1930 das Virus nicht wirklich als Erreger isolieren und mikroskopisch nachweisen, denn Viren gingen durch die üblichen Porzellanfilter, mit denen Bakterien aufgefangen werden konnten, hindurch. „Obwohl die Natur dieser submikroskopischen Partikel unbekannt war, wurden sie mit dem Begriff ‚Virus’ bezeichnet.“ (Volker Hess: Vom Miasma zum Virus. In: Münch. Pocken. 16-30, 26.)

[36] Lorey, Isabell: Als das Leben in die Politik eintrat. Die biopolitisch gouvernementale Moderne, Foucault und Agamben. In: Marianne Pieper, Thomas Atzert, Serhat Karakayali, Vassilis Tsianos (Hg.): Empire und die biopolitische Wende. Die internationale Diskussion im Anschluss an Hardt und Negri. Frankfurt/M./New York 2007, 269-292.

[37] Michel Foucault: Geburt der Klinik. Eine Archäologie des ärztlichen Blicks. Frankfurt/M. 1988, 208.

[38] Michel Foucault: Die wesentliche Funktion der Medizin in unserer Gesellschaft (1972). In: Schriften in vier Bänden. Dits et Écrits. Band II. 1970-1975. Frankfurt/M. 2002, 474-476, 475.

[39] Vgl. Hess. In: Münch. Pocken.

[40] Als Variolation bzw. Inokulation wird die Impfung mit Menschenpocken bezeichnet, als Vakzination die weniger gefährliche Impfung mit Kuhpocken. Zur europäischen Impfgeschichte und den Widerständen gegen die Pockenimpfung siehe Münch. Pocken.

[41] Zit. n. Foucault. Geschichte der Gouvernementalität I, 123, Anm. 8 (122f.), Foucault zitiert hier A.-M. Moulin: „La vaccination anti-variolique“, der auf Bernoulli verweist.

[42] Das Anormale ist damit nie der Gegensatz des Normalen. Vielmehr ist das Verhältnis des Normalen und des tolerierten Anormalen eines von Abstufungen. Deshalb kann die Vorstellung von Normalität auch nur „in einer statistisch transparenten Gesellschaft“ entstehen und „kulturelle Legitimation gewinnen“, ohne dass sie sich mit gesellschaftlichen Normen überschneiden muss. Normalitäten sind daher „eine moderne und okzidentale Besonderheit, die sowohl hochdynamisch-industrielle wie flächendeckend verdatete Gesellschaften voraussetzt“ (Link, In: Stingelin. Biopolitik und Rassismus. 188).

[43] Esposito. Immunitas, 175

[44] Esposito. Immunitas, 175.

[45] Esposito. Immunitas, 175f.

[46] Selbstpositionierungen ‚weißer’ AutorInnen können hiernach nicht nur als juridischer Entschuldungsdiskurs verstanden werden, sondern auch – entsprechend einer solchen Figur biopolitischer Immunisierung – als Selbstmarkierung zur eigenen Immunisierung. Kritik am unmarkierten Normalen wird in die eigene Positionierung ‚hereingenommen’, integriert und mit dieser identitären Reinigungsgeste neutralisiert.

[47] Regina M. Banda Stein: Schwarze Frauen im Kontext kolonialer Pflegetraditionen oder von der Alltäglichkeit der Vergangenheit. In: Mythen, Masken und Subjekte, 189-202, 190.

[48] Ab dem 15. Jahrhundert (‚heilen’. In: Kluge. Etymologisches Wörterbuch, 402)

[49] Stein, 190.


Isabell Lorey

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